Alzheimer im Internet - Chancen für Angehörige und Professionelle

Vortrag von Jochen Wagner gehalten auf dem 2. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. (9. - 11. September 1999)

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Inhalt:
Deutschsprachige Hilfsangebote im Internet
Die Zielgruppen des AlzheimerForums
Elemente des AlzheimerForums
Positionierung des AlzheimerForums im Internet
Qualitäten des AlzheimerForums
Wie es weitergehen soll

"Seit ich das AlzheimerForum kenne, fühle ich mich nicht mehr hilflos und allein. Ich habe nicht nur gelernt, besser mit der Krankheit meines 79jährigen Mannes umzugehen, sondern durch das AlzheimerForum Mut gefasst, in unserem kleinen Ort eine Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige aufzubauen und zu leiten."

Dies verkündete stolz die über 70jährige Alterspräsidentin der Internet-Selbsthilfegruppe auf dem Workshop zum 2. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Berlin. Der Kongress war ein willkommener Anlass, um die Initiatoren des AlzheimerForums persönlich kennen zu lernen.

Viele Betreuer von Demenzkranken sind isoliert. Meist zeihen sich Freunde und auch Familienmitglieder hilflos zurück. In vielen, vor allem dünn besiedelten Gegenden Deutschlands fehlen noch immer Selbsthilfegruppen, denen sich die Betroffenen anschließen können. Auch können viele Pflegende aus zeitlichen oder pflegebedingten Gründen keine Beratungsstelle in Anspruch nehmen.

Ein beachtlicher Teil dieser Personen nutzt inzwischen die Möglichkeiten des Internets, sich mit anderen Betreuern "sozial zu vernetzen". Diese Chance zur Vernetzung, und dem damit verbundenen Näher-zusammen-Rückens muss von den Alzheimer Gesellschaften erst noch ergriffen werden.

Deutschsprachige Hilfsangebote im Internet

Der explosionsartige Fortschritt im Bereich der Telekommunikation und die rasante Zunahme der Internet-Anschlüsse führt zu deren selbstverständlicher Nutzung; z.Zt.:
- 30
PCs pro 100 Einwohner
- 7,3 Millionen Internet-Anschlüsse in Deutschland
- 10 Mio. Internet-Nutzer (Surfer)
- 30 % Wachstum
- ca. 10 % der Personen über 50 haben einen Internet-Anschluss, über die Hälfte von ihnen sind über 55

Deutschsprachige Hilfsangebote im Internet erreichen nicht nur den gesamten deutschen Sprachraum sondern auch alle deutschsprachigen Personen weltweit.

Das AlzheimerForum ist die erste und größte deutschsprachige Informations- und Kommunikationsplattform im deutschsprachigen Internet.

Auf dem Gebiet Demenz bieten die Pharmaunternehmen Eisai und Pfizer ebenfalls neben guter fachlicher Information auch die Möglichkeit, sich Expertenrat einzuholen.

Die Internetangebote von Alzheimer Europe liegen - von den Beiträgen nationaler Alzheimer-Gesellschaften abgesehen - noch nicht in deutscher Sprache vor

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. stellt im wesentlichen eine Selbstdarstellung des Dachverbandes vor, ähnlich wie das Internet-Angebot der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Landesverband Bayern e.V..

Aus diesem Grund wird im Weiteren nur noch auf das AlzheimerForum eingegangen.

Die Zielgruppen des AlzheimerForums

Vor dem Aufbau des AlzheimerForums wurden die Zielgruppen klar umrissen, die angesprochen wollen sollten.

Die zentrale Person in einem Patientennetzwerk, wie es das AlzheimerForum darstellt, ist normalerweise der Patient selbst. Demenzpatienten sind üblicherweise keine Internet-Nutzer. An ihre Stelle treten die pflegenden Angehörigen. Sie sind die zweiten - zumeist vergessenen - Opfer der Alzheimer-Krankheit. Sie müssen alle Defizite des Kranken kompensieren, wie Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, der geistigen Leistungsfähigkeit, der Orientierung sowie der Kontrolle über ihre Affekte und ihren Körper. Statt die Leistungen der pflegenden Angehörigen anzuerkennen, begegnet man ihnen oft mit Ignoranz und Rückzug. Ratlos, hilflos und alleingelassen brauchen die Helfer selber dringend Hilfe.

Deshalb sind die professionellen Helfer die dritte Zielgruppe des AlzheimerForums. Die Pflegekräfte in den ambulanten, stationären und teilstationären Einrichtungen helfen in erster Linie den Demenzpatienten selbst - zum Teil aber auch den pflegenden Angehörige. Von besonderer Wichtigkeit für das AlzheimerForum sind die Alzheimer-Gesellschaften, -Selbsthilfegruppen und -Beratungsstellen.

Einen meist distanzierteren Standpunkt zu dieser Dreiergruppe haben Personen aus Wissenschaft, Politik und Kultur. Je nach Aufgabenstellung richtet sich ihr Interesse an die eine oder andere dieser drei Gruppen.

Elemente des AlzheimerForums

Das AlzheimerForum, wurde im April 1998 eingerichtet und hat sich inzwischen zu der Informations- und Kommunikationsplattform zum Thema Alzheimer im deutschsprachigen Internet entwickelt. Es besteht aus einer umfangreichen Wissens- und Erfahrungsdatenbank (Info-Pool), drei Mailing-Listen, einem Chatroom und einem WebRing.

Der Infoppol beinhaltet neben umfangreichem Adressmaterial eine gewaltige Fülle an Sachinformationen.

Das Adressmaterial hilft den Ratsuchenden, die örtlichen Angebote zu finden, z.B. die Gedächtnissprechstunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Durch die Erstellung und permanente Aktualisierung einer Liste aller Alzheimer-Gesellschaften, -Beratungsstellen und -Selbsthilfegruppen hat die Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V. einen bislang kaum wahrgenommenen Beitrag zur besseren Erschließung ihrer Zielgruppen geleistet. Alle diese Einrichtungen wurden angeschrieben und um Mitarbeit gebeten. Aus den zugesandten Faltblättern wurden ca. 40 Homepages entwickelt, die außerhalb des AlzheimerForums bereitgestellt werden, so dass sich niemand von der Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V. vereinnahmt fühlen braucht. Zusätzlich wurde mittels der geschlossenen Mailing-Liste AlzGes-L die Voraussetzungen für einen schnellen und preiswerten Informationsaustausch dieser Einrichtungen geschaffen. Diese gilt es jetzt zu nutzen!

Die Adressen aller örtlichen Senioreneinrichtungen gibt es im AlzheimerForum bislang nur für Berlin. Alle Alzheimer-Gesellschaften sind eingeladen, mit ihrem Adressmaterial auch via Internet ihren Ratsuchenden zu helfen. Bislang wollen diese aber i.d.R. ihre Adressen nur im Zusammenhang mit einer persönlichen Beratung weitergeben.

Diverse Orientierungshilfen unterstützen den Nutzer des AlzheimerForums schnell die gewünschte Information zu finden. Neben einer weit gefächerten Gliederungsstruktur steht eine Volltext-Recherche zur Verfügung, mit der man blitzartig alle Texte des AlzheimerForums finden kann, die ein gewünschtes Stichwort enthalten. Eine History hilft gezielt die Beiträge ausfindig zu machen, die im jeweiligen Monat aktualisiert wurden bzw. neu hinzugekommen sind. Schließlich gibt es noch eine laufend aktualisierte Gesamtliste aller z.Zt. ca. 500 Dokumente im AlzheimerForum. Damit der Nutzer beim Stöbern im AlzheimerForum sich keine Sorgen um die nächste Telefonrechnung und Providergebühren machen muss, besteht für Mitglieder der Alzheimer Angehörigen-Initative e.V. auch die Möglichkeit, sich das gesamte AlzheimerForum auf die Festplatte des heimischen PCs zu laden. Auch dabei wird mittels Datenkompression für angemessene Ladezeiten gesorgt.

Der stichwortartig strukturierte Text aus dem Foliensatz einer umfangreichen Vortragsreihe ist das Fundament des Info-Pools. Des weiteren gibt es mehrere Checklisten, die z.B. die Auswahl eines Heimes erleichtern.

Auch ausformulierte Texte, etwa redaktionelle Beiträge für Fachzeitschriften und Vortragsmanuskripte sowie Broschüren zu speziellen Themen bereichern den Info-Pool. Diese können wenige Zeilen Text umfassen aber auch Dokumente von einigen hundert Seiten. Inzwischen entdecken immer mehr Menschen das AlzheimerForum als eine Möglichkeit, bereits veröffentlichte Texte erneut und vor allem dauerhaft einer breiten Öffentlichkeit unkompliziert zugänglich zu machen. Dabei wird jede Zulieferung unter das Copyright und Logo des Zulieferers bzw. seiner Einrichtung gestellt.

Die pflegenden Angehörigen tragen mit ihrem Schatz an praktischen Erfahrungen zur Bereicherung des Info-Pools bei. Für sie wurde eine Trickkiste eingerichtet, in die Beschreibungen kritischer Situationen und Verhaltensweisen zu ihrer Bewältigung eingebracht werden.
Der Titel "Trickkiste" will vermitteln, dass nicht jeder dort hinterlegte Rat auf andere Personen übertragbar ist. Ob dies gelingt, hängt stark von dem Krankheitsbild, der Biographie und den gegenwärtigen Lebensumständen ab.

Last but not least finden alle Zielgruppen in der Rubrik Termine wertvolle Hinweise auf bevorstehende Veranstaltungen oder Aufrufe zu aktuellen Aktionen.

Der Info-Pool lässt seine Leser z.B. mit offenen Fragen alleine. Der Nutzer des AlzheimerForums hat auf jeder Seite die Möglichkeit, eine eMail an den Betreuer des AlzheimerForums zu schreiben.

Sofern ein pflegender Angehöriger von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, wird er "zum Schnuppern" in die intensiv genutzte Mailing-Liste der pflegenden Angehörigen AlzFor-L aufgenommen.

Mailing-Listen sind im Prinzip ein Verteilzentrum (siehe http://www.blick.ch/blick/bl_archiv/1997/1997_05_21/bl_seiten/hilfe/batt/email/email.htm#ss). Mails werden statt an einen einzelnen Empfänger an einen speziellen Computer geschickt, der mit einem Programm und einer Liste von eMail-Adressen ausgerüstet ist. Auf der Liste sind die Empfänger verzeichnet, an welche die eingehenden eMails vervielfältigt und versandt werden. Mit den Antworten, die auf ein solches "Posting" erfolgen; geschieht das gleiche. Auch sie werden an alle Empfänger der Liste gesendet.

In diese Liste werden auch Mitglieder der Mailing-Liste der Alzheimer-Gesellschaften AlzGes-L zugelassen, sofern sie Anfragen fachkompetent beantworten wollen.

Die meisten Postings dieser Liste werden in den späten Abendstunden oder in der Nacht geschrieben. Verschiedentlich wurden nächtliche Hilferufe bis zum Morgen mit drei Antworten bedacht. Natürlich nutzen die Mitglieder Der AlzFor-L auch die Möglichkeit der direkten Korrespondenz unter Umgehung der Liste oder sie telefonieren miteinander. In Großstädten wie München und Berlin sind auch bereits persönliche Begegnungen unter den Mitgliedern der Internet-Selbsthilfegruppe zustande gekommen.

Beeindruckend ist vor allem, wie die scheinbare Anonymität der Mailing-Liste es den Mitgliedern der inzwischen 80köpfigen Internet-Selbsthilfegruppe erleichtert, ihre Sorgen und Nöte anderen anzuvertrauen. Die Anteilnahme und Emotionalität der darauf eingehenden Antworten und der Mut, der den sich offenbarenden Schreibern zugesprochen wird, halten jeder Selbsthilfegruppe stand, die sich regelmäßig persönlich trifft.

Problematisch kann es werden, wenn ein Mitglied der Mailing-Liste nicht den richtigen Ton trifft. Dann passiert es leicht, dass eine Fülle empörter Mailings die Runde macht. Das kann als eine Belastung empfunden werden, der nicht jeder standhält.

Wer nichts schreibt, schreibt nichts verkehrt. Ob das die Devise der ca. 80 % "Nur-Leser" ist? Aus persönlichen Gesprächen, mit einem Nur-Leser weiß ich jedoch, dass auch diese sehr vom Mitlesen profitieren.

Irgendwann fassen auch die Nur-Leser den Mut, selbst zu schreiben. Wir verlangen jedoch inzwischen, dass sich auch die Nur-Leser spätestens nach drei Wochen wenigstens einmal den übrigen Mitgliedern der Mailing-Liste vorstellen.

Damit die z.T. wertvollen Ratschläge, die über die Mailing-Liste AlzFor-L erteilt werden nicht verloren gehen, werden die Mails in einem Mail-Archiv archiviert, dessen URL jedoch nur den Mitgliedern der Mailing-Liste AlzFor-L bekannt gegeben wird. Postings, die nicht ins Mail-Archiv sollen, müssen entsprechend gekennzeichnet werden. Das Mail-Archiv kann auf die Festplatte des heimischen PCs geladen werden, wo man mit den üblichen Schuchfunktionen alle Texte finden kann, die ein gewünschtes Stichwort enthalten.

Die Mailing-Liste AlzFor-L ist wie die bereits erwähnte Mailing-Liste für professionelle Helfer AlzGes-L eine sgn. geschlossene Mailing-Liste, d.h. sie steht nur denjenigen offen, die zur jeweiligen Zielgruppe gehören. Bei der AlzGes-L sind das die Alzheimer-Gesellschaften etc., die sich in die Adressenlisten des AlzheimerForums haben eintragen lassen. Im Gegensatz dazu ist die Mailing-Liste AlzDg-L als Discussiongroup allgemein zugänglich. Von der großen Solidarität unter den pflegenden Angehörigen hat sich leider bislang noch nichts auf die anderen beiden Mailing-Listen übertragen.

Das starke Gruppenerlebnis, das Mailing-Listen vermitteln, kann durch den Chatroom noch lebendiger werden. Im Gegensatz zu den Mailing-Listen wird hier nur in kurzen Sätzen schriftlich kommuniziert. Zu spontan angesprochenen Themen kann aber jeder Chat-Teilnehmer eine Internet-Adresse (URL) eingeben, und schon sehen alle Chat-Teilnehmer die zugehörige Page in der unteren Hälfte ihres Monitors.
Nach dem Chat wird eine Mitschrift an die Teilnehmer versandt. Die können sich dann später z.B. solche während des Chats eingeblendeten Pages in Ruhe durchlesen.
In der Praxis haben sich die Chats des AlzheimerForums aber wenig bewährt. Es ist kaum möglich ein geordnetes "Gespräch" zustande zu bringen, wenn sechs Teilnehmer unabhängig voneinander ihre Fragen bzw. Antworten eingeben.

Neben dem AlzheimerForum gibt es noch weitere, oftmals sehr lesenswerte deutschsprachige Sites zum Thema Alzheimer. Deshalb gibt es im AlzheimerForum eine große Zahl externer Links auf diese Seiten. Außerdem hat das AlzheimerForum den WebRing VergissMeinNicht-Ring eingerichtet. Durch Mouseclick auf ein Vergißmeinnicht-Icon kommt man zu weiteren Sites, die sich in diesen Ring eingehängt haben. Dort findet man dann wieder das gleiche Vergißmeinnicht-Icon und kann sich zur nächsten Site im Ring weiterklicken bis man wieder am Ausgangspunkt angekommen ist.
Eine Site kann auch Mitglied in mehreren Webringen sein. Die
Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V. hat sich als Initiator des AlzheimerForums mit ihrer englischsprachigen Selbstdarstellung in den WebRing Caregivers-Ring eingetragen.

Auch das jüngst vom WebMaster des AlzheimerForums eingerichtete AlzheimerPortal verweist die Zielgruppe gezielt auf die Sites, die für sie relevant sind. Vor allem finden sich hier auch Links auf Seiten, die von sehr vielen Internet-Nutzern häufig genutzt werden, z.B. Suchmaschinen, Übersetzer, Fahrpläne, Download-Möglichkeiten, Tagespresse etc. Das AlzheimerPortal ist also die Einstiegsseite für all diejenigen, die sich häufig mit dem Thema Demenz befassen müssen.

Positionierung des AlzheimerForums im Internet

Das AlzheimerForum ist bereits so gut im Internet etabliert, dass es in jedem Fall gefunden wird. Es ist in ca. 1.200 von Link-Listen und Suchmaschinen eingetragen. In der wichtigsten Suchmaschine für das deutschsprachige Internet findet man unter dem Stichwort Alzheimer-Krankheit über 1000 Treffer, davon unter den ersten 250 ca. 180 mal das AlzheimerForum (zweimal unter den top ten!). Ergebnis: ca. 17.000 Besucher allein in 1999. Um diesen Stand zu erreichen, leistete jeder der beiden Initiatoren des AlzheimerForums von April 1998 bis November 1999 ca. 50 Stunden hochqualifizierte Arbeit pro Monat mithin ca. 2.000 Arbeitsstunden insgesamt.

Für die Beliebtheit des AlzheimerForums bei seinen Besuchern gibt es gute Gründe. Diese wurden von kompetenter Seite sehr schnell erkannt. Zum Welt-Alzheimer-Tag 1998 erhielt fas AlzheimerForum den Rosenbach-Award zuerkannt.

Für das Konvertieren von Textvorlagen und Laden auf den Host verlangen HTML-Designer ca. 100 DM pro HTML-Seite. Weiterer Aufwand entsteht für die Aufbereitung schnell ladbaren HTML-Codes. Dieser Aufwand hängt außer von der Größe eines Textes auch von seiner Struktur ab. Für diese Leistung entstehen üblicherweise Kosten von über 100 DM pro Stunde.
Diese
bislang ehrenamtlich erbrachten Leistungen stellen daher einen Wert von ca. 200.000 DM dar. Hinzuzurechnen wären im Prinzip auch noch die Sachkosten und der Aufwand, der für die Erstellung der bereitgestellten Texte bereits vorab erbracht wurde.

Qualitäten des AlzheimerForums

Weltweit erreichbar: Selbsthilfe- und Beratungsangebote für pflegende Angehörige von Demenzkranken sind i.d.R. ortsgebunden und auch zeitlich nur begrenzt verfügbar. Besonders im ländlichen Bereich gibt es keinerlei Einrichtungen, die mit angemessenem Aufwand erreichbar wären.

Selbsthilfe über Grenzen hinweg: Üblicherweise findet Selbsthilfe in einem regional eng begrenzten Raum statt. Das AlzheimerForum sprengt diese Grenzen. Es stärkt die Solidarität zwischen weit voneinander entfernt lebenden Pflegenden z.B. aus Chile oder Namibia, und aktiviert deren Selbsthilfepotential. Seine Nutzer entwickeln bereits jetzt eine faszinierende Eigendynamik, die durch die rasant fortschreitende Entwicklung der Kommunikationstechnik heute kaum absehbare Dimensionen erreichen wird.

Rund um die Uhr ansprechbar: Die Anlaufstellen für pflegende Angehörige Demenzkranker können meist nur in größerem zeitlichen Abstand, meist vierzehntägig bis monatlich, in Anspruch genommen werden. Das Gefühl, jederzeit aufgefangen werden zu können, wird so nicht erreicht - es sei denn, eine sehr engagierte Person gibt die private Rufnummer heraus, unter der sie jederzeit angerufen werden kann.
Die Mailing-Listen des AlzheimerForums sind rund um die Uhr erreichbar, 365 Tage im Jahr. Die Erfahrung zeigt, dass die Mailing-Liste für pflegende Angehörige in der Nacht intensiv genutzt wird. Anscheinend ist dann die Not am größten. Hilferufe zur Nachtzeit erhalten bis zum Morgen i.d.R. drei Antworten.

Hilfreicher Wegweiser: Oft durchleben pflegende Angehörige eine wahre Odyssee bevor sie eine für sie kompetente Anlaufstelle erreichen. Hier hilft das AlzheimerForum u.a. die nächstgelegenen Hilfsangebote zu finden, z.B. Alzheimer-Gesellschaften, Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen. Hauptzielgruppe des AlzheimerForums sind jedoch Pflegende, die aus räumlichen oder zeitlichen Gründen keine derartigen Einrichtungen in Anspruch nehmen können. Für sie stellt das AlzheimerForum über das Internet eine breit angelegte Informations- und Kommunikationsplattform bereit, die alle Tage rund um die Uhr weltweit erreichbar ist.

Schreiben entlastet: Pflegende Angehörige, die sich in keiner Selbsthilfegruppe durch Reden entlasten können, erhalten über das AlzheimerForum die Möglichkeit, sich durch Schreiben zu entlasten. Die besonderen Kommunikationsmöglichkeiten des Internet erlauben es vielen Nutzern des AlzheimerForums, ihre Erfahrung und ihr Wissen an andere Betroffene weiterzugeben oder auch nur ihre bedrückende Situation darzustellen, um im Gegenzug Mut und Trost zugesprochen zu bekommen. Den meist aufgrund der Pflegesituation in die Isolation geratenen Pflegepersonen werden so Informationen geboten und soziale Kontakte vermittelt, die ihnen helfen, ihre subjektiv empfundenen Belastungen besser zu bewältigen, ihre Pflegemotivation aufrecht zu erhalten und ihre Handlungskompetenz zu erhöhen. Dies kommt auch der Lebensqualität der betreuten Demenzkranken zugute.

Mehr Profis als in jeder Selbsthilfegruppe: Allein in der Mailing-Liste für pflegende Angehörige sind interdisziplinär ca. zehn Professionelle eingeschrieben. Meist halten sie sich mit Postings zurück. Bei Bedarf, vor allem wenn sie direkt angesprochen werden, beantworten sie umgehend die an sie gerichteten Fragen. In Zukunft soll auch eine Brückenfunktion zu anderen Mailing-Listen, z.B. Betreuungsrecht-L und MedRecht-L aufrecht erhalten und ausgebaut werden, so dass auf diesem Weg auch auf Kompetenzen zurückgegriffen werden kann, die in der Mailing-Liste AlzFor-L noch nicht vorhanden sind.
Durch gegenseitige Aufklärung – aber auch durch fachkundigen Rat von Professionellen - werden pflegende Angehörige dazu angeleitet, ärztliche Hilfe (z.B. Gedächtnissprechstunden) und Medikamente gezielter und nutzbringender in Anspruch zu nehmen. Außerdem wird das Bewusstsein für alternative nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten sowohl des Kranken als auch seines pflegenden Angehörigen geschärft. Dieses präventive Angebot vermindert die Gefahr einer späteren Medikalisierung und erspart der Solidargemeinschaft die dadurch virtuell drohenden Kosten.

Wie es weitergehen soll

In den USA gibt es zahlreiche hochwertige Alzheimer-Sites, die zum großen Teil auch Mitglied im WebRing Caregivers-Ring sind. Über die US-Mailing-Liste ALZ laufen täglich 20 bis 50 Postings. Wöchentlich findet ein Chat statt. In den USA wurde 1993 bereits über die Wirksamkeit von Mailing-Listen entsprechend der AlzFor-L berichtet. Um in Deutschland einen vergleichbaren Stand zu erreichen, soll das AlzheimerForum für drei Jahre professionell unterstützt werden. Ein entsprechender Antrag wurde beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurde gestellt.

Da die meisten Alzheimer-Gesellschaften, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Gedächtnissprechstunden bislang die ihnen mit dem AlzheimerForum gebotenen Möglichkeiten (z.B. die Mailing-Liste AlzGes-L) nicht nutzen, soll im Rahmen dieses Projektes vor allem Überzeugungsarbeit geleistet werden. In den meisten Fällen sollen auch die noch notwendigen technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um diesen Einrichtungen die Vorteile zu verschaffen, die ihnen das Internet nicht nur mit dem AlzheimerForum (eMails, Suchmaschinen, Zahlungsverkehr etc.) bietet.

Die derzeit noch weitgehend voneinander isoliert arbeitenden Einrichtungen könnten durch den schnellen und sehr preiswerten Informationsaustausch sich in ihrer täglichen Arbeit wirkungsvoll unterstützen und leichter eine gemeinsame Zielstellung finden und diese arbeitsteilig und aufeinander abgestimmt besser verfolgen. Insbesondere hätten als hilfreich und wirkungsvoll erkannte Ansätze bessere Chancen auf breiter Basis verwirklicht zu werden.

Beiträge zu den vielfältigen Aspekten zum Thema Demenz sollen im AlzheimerForum nicht nur eine größere Verbreitung finden sondern auch allen Interessierten dauerhaft im schnellen und preiswerten Zugriff bleiben.

Im Verlauf von drei Jahren sollen folgende Ziele erreichen:

1.        funktionsfähiger eMail/Fax-Service
Mit Erreichen dieses Zieles besteht die Möglichkeit, mit geringem Aufwand und schnell 175 der o.g. Einrichtungen per eMail zu erreichen, noch bevor sie sich selbst einen eMail-Zugang verschafft haben und unabhängig davon, ob sie sich je einen solchen zulegen.

2.       200 Mitglieder in der Mailing-Liste AlzGes-L
Neben den 175 zukünftig per eMail/Fax-Service erreichbaren Einrichtungen muss das Interesse bei etwa ebenso vielen nur per Infobrief erreichbaren Einrichtungen Interesse an einer verbesserten Kommunikation zwischen den Alzheimer-Gesellschaften, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Gedächtnissprechstunden geweckt werden. Nicht unerhebliche Vorbehalte müssen per individueller Korrespondenz, per Telefon und bei persönlichen Begegnungen überwunden werden.

3.       Im Mittel drei Postings pro Werktag auf der Mailing-Liste AlzGes-L
Hierzu ist bei den Einrichtungen das Bewusstsein zu wecken, dass es für eine Beratungseinrichtung nicht ehrenrührig ist, sich selbst Hilfe zu holen, sei es bei der Erörterung schwieriger Sachverhalte in der täglichen Arbeit, oder der Entwicklung neuer Hilfsangebote. Die Notwendigkeit gemeinsamer Kommunikation ist beachtlich, die Bereitschaft diese auch zu wagen praktisch nicht gegeben.

4.       Verteilung der Verantwortung für den Infopool auf 10 Personen
Die bisher bereitgestellten Texte bedürfen z.T. der Überarbeitung. Die Ausweitung des Info-Pools verlangt den fachlich kompetenten Überblick über ein sehr breites Themenspektrum, das von einzelnen Personen nicht mehr lange gewährleistet werden kann. Entsprechend der Spezialisierung und Profilierung von Experten müssen diese zur Mitarbeit im AlzheimerForum gewonnen werden. Auch hierzu muss in erheblichem Umfang Überzeugungsarbeit geleistet werden. Autoren deutschsprachiger Beiträge (auf Tagungen, Fach- und Tagespresse, Broschüren, Büchern, Dissertationen, Diplom- und Studienarbeiten etc.) um Beiträge für das AlzheimerForum bitten und Zulieferungen internetmäßig aufbereiten und bereitstellen. Ggf. können auch Studenten im Rahmen ihrer Diplomarbeit Beiträge hierzu leisten. Dazu sind die in Frage kommenden Professoren ausfindig zu machen und zu motivieren, entsprechende Diplomarbeiten zu vergeben.

5.       Im Mittel drei Postings pro Werktag von Mitgliedern der AlzGes-L in der Mailing-Liste AlzFor-L
Die fachkompetente Beratung in der AlzFor-L erfolgt z.Zt. zum Großteil durch ehrenamtliche Pflegekräfte und Ärzte. Durch die Mitarbeit in der AlzFor-L würde auch die Kompetenz für die Beratungstätigkeit vor Ort wachsen.

6.       30 Threads aus der AlzFor-L im Infopool
Der Erfahrungsschatz, der sich aufgrund der Anfragen von pflegenden Angehörigen und der darauf eintreffenden Antworten in der Mailing-Liste AlzFor-L zustande kommt, muss aufbereitet und in den Infopool überführt werden. Hierzu sind Personen zu gewinnen, die das Mail-Archiv der AlzFor-L ehrenamtlich entsprechend aufbereiten. Das können auch die Angehörigen sein, welche die auslösende Frage in die Mailing-Liste gepostet haben.

7.       Gesicherter Fortbestand des AlzheimerForums über das Projektende hinaus
Hierzu sind Ehrenamtliche - z.B. aus den Alzheimer-Gesellschaften - zu gewinnen, die folgende Arbeiten leisten:

o      das AlzheimerForum in weiteren Suchmaschinen und Link-Listen registrieren lassen,

o      weitere relevante Personen und Organisationen / Einrichtungen schriftlich informieren,

o      Pressemitteilungen für Fach- und Tagespresse herausgeben etc.

o      Füllen des Infopool mit weiteren Beiträgen:

o      Durchsuchen des Internets nach relevanten Informationen. In den entsprechenden Gliederungspunkten des Infopools sind Links auf die entsprechenden Fundstellen zu setzen.

o      Bei ganzen Sites ist dem jeweiligen Betreiber anzubieten, Mitglied im VergissMeinNicht-Ring zu werden.

o      Fremdsprachige Beiträge im Internet für das AlzheimerForum sind ins Deutsche zu übersetzen. Zuvor ist die notwendige Genehmigung zur Übersetzung und Veröffentlichung im AlzheimerForum einzuholen.

o      Betreuung der Mailing-Listen, des VergissMeinNicht-Ring’s und des Chatrooms.

Nach Abschuss des Projektes reduzieren sich die Kosten auf die lfd. Gebühren für die Bereitstellung der Domain, die Telefon- und Online-Gebühren sowie Software- und Hardware-Updates, um das Equipment auf dem Stand der Technik zu halten. Die Kosten hierfür sollen durch Spenden und Mitgliedsbeiträge der Nutzer des AlzheimerForums gedeckt werden. Da auch in der Vergangenheit diese Mittel von den Initiatoren des AlzheimerForums aufgebracht wurden, stellt das zwangsweise Auslaufen der Förderung keine Bedrohung für die weitere Existenz des AlzheimerForums über das Projektende hinaus dar.

Die guten Erfahrungen mit der Mailing-Liste Betreuungsrecht-L geben den Initiatoren des AlzheimerForums die Zuversicht, dass bald durch intensive Nutzung der Mailing-Liste AlzGes-L die Alzheimer-Gesellschaften näher zusammenrücken - zum Wohle der Betroffenen und Nutzen der pflegenden Angehörigen.