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Demenzkranke (überwiegend Alzheimer) und deren pflegende
Angehörige
Einzugsbereich:
Berlin und Umland; schwerpunktmäßig die Bezirke:, Marzahn,
Friedrichshain, Mitte, Zehlendorf, Hohenschönhausen, Tiergarten,
Pankow, Treptow/Köpenick und angrenzende Bezirke (im Aufbau
Wilmersdorf und Spandau).
Leitgedanke:
Geht es dem Angehörigen gut, fühlt sich auch der Kranke
wohl.
Hilfsangebote:
1. Beratungssprechstunde mit der Möglichkeit der Einzelberatung
2. Telefonberatung insbesondere Krisenintervention
3. Hausbesuche verbunden mit praktischen Anleitungshilfen
4. Selbsthilfegruppen für Pflegende mit fachlicher Anleitung
und
5. gleichzeitiger Krankenbetreuung
Charakteristika:
- wohnortnah*
- breit angelegt
- dauerhaft verfügbar
genutzte Infrastruktur:
Marzahn: Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle Marzahn (SPI)
Telefonberatung findet rund um die Woche täglich statt und
ist für einzelne Angehörige von ganz besonderer Bedeutung.
Einschließlich telefonischer Krisenberatung dauert die Telefonberatung
inzwischen ca. 20 - 24 Std. pro Woche mit stark steigender Tendenz
aufgrund wachsender Bekanntheit der AIB. Sie findet üblicherweise
vom Privatanschluß aus statt und zwar meist in den Abendstunden.
Häufig findet die Kontaktaufnahme telefonisch statt. Der
Gesprächsverlauf war weitgehend identisch mit dem bei der
Kontaktaufnahme während der Beratungssprechstunde.
Das hat zu einem unkontrollierten Anwachsen der Telefonberatung
geführt. Hier muß jetzt eine andere Lösung gefunden
werden. Künftig soll dazu übergegangen werden, bei telefonischen
Erstkontakten nur noch Termine für die Beratungssprechstunde
zu vereinbaren. Da die Beratungssprechstunden jetzt schon weitgehend
ausgebucht sind, werden dann neu hinzukommende Ratsuchende leider
auf eine Warteliste gesetzt werden müssen.
Der Anteil der Anrufe, die von den Angehörigen selbst getätigt
wurden, ist von ca. 60% auf über 80 % gestiegen. Es gibt
pflegende Angehörige, die aufgrund ihrer Isolation die Möglichkeit
des telefonischen Kontaktes sehr häufig in Anspruch nehmen.
Zitat einer Angehörigen aus Marzahn: "Die Gewißheit
immer aufgefangen zu werden, gibt mir die Kraft zum Durchhalten."
Betroffene, die wegen mangelnder Mobilität keine sozialen
Kontakte aufrecht erhalten können, mußten kontinuierlich
angerufen werden. Dabei konnte und kann dem großen Bedarf
kaum angemessen nachgekommen werden.
Pro Woche wurden 2 - 3 Hausbesuche gemacht, die insgesamt ca.
6 Stunden dauerten.
Die Hausbesuche dienten dazu,
das häuslichen Umfeld kennenzulernen (= Voraussetzung
für angemessene Beratung),
die soziale Isolation zu durchbrechen,
praktische Anleitungshilfen zu geben,
auch die Angehörigen zu erreichen, die nicht mehr mobil
genug sind, um in die Beratungssprechstunde oder Gesprächsgruppe
zu kommen (zuweilen der einzige verbliebene Sozialkontakt).
Es wurden 12 Widersprüche gegen mutmaßliche Fehleinstufungen
der Pflegeversicherung verfaßt und ausführlich begründet.
Inzwischen wurden 9 davon stattgegeben; die anderen Verfahren
sind noch in der Schwebe.
Um dem damit verbundenen erheblichen Arbeitsaufwand zu reduzieren,
wurde ein sehr umfassender Musterbrief erstellt, den der Angehörige
weitgehend selbständig auf seine individuelle Lebens- und
Pflegesituation anpassen kann.
Zu Projektbeginn gab es 3 Selbsthilfegruppen mit gleichzeitiger
Krankenbetreuung und zwar in Marzahn, Mitte und Zehlendorf. Hinzugekommen
sind die Gruppen in Treptow/Köpenick und Pankow sowie eine
zweite Gruppe in Marzahn. Zeitweise bestanden auch Gruppen in
Friedrichshain und Tiergarten.
Die Gruppen umfaßten ca. 8 - 10 Angehörige, von denen
im Mittel ca. 6 Angehörige pro Gruppentreffen anwesend waren.
Alle Gruppen sind in der Zusammensetzung inhomogen (pflegende
Ehepartner ebenso wie pflegende (Schwieger-)Kinder). Die Gruppen
zeichnen sich durch eine geringe Fluktuation aus.
Die Schilderung von Alltagsbegebenheiten und Problemen der TeilnehmerInnen
stand immer im Vordergrund der Gruppensitzungen. Darüberhinaus
nutzten die Teilnehmer intensiv die Möglichkeit, ihren eigenen
Belastungen Ausdruck zu geben. Das wurde bereits häufig als
erste psychische Entlastung empfunden.
Durch die häufig wiederkehrenden Schilderungen typischer
Probleme und der gezeigten emotionalen Reaktionen entstand zwischen
den TeilnehmerInnen sehr schnell ein Gefühl der "familiären"
Gemeinsamkeit in der sich die pflegenden Angehörigen gegenseitig
aufbauen, Mut machen, Vertrauen schenken und gerne einander unterstützen.
So war es nur folgerichtig, daß viele TeilnehmerInnen auch
außerhalb der Gruppe Kontakte zueinander aufbauten und zum
weiteren Erfahrungsaustausch nutzten.
Die Krankengruppen werden regelmäßig von 2 - 4 Kranken
besucht. Die Betreuungskräfte der Krankengruppen wurden in
der gerontopsychiatrischen Pflege unterwiesen. Dabei wurde stets
der individuelle Schweregad der dementiellen Erkrankung berücksichtigt.
In 6 Fällen wurden auf Wunsch der primären pflegenden
Angehörigen Beratungsgespräche im Familienkreis, aber
ohne Anwesenheit des Demenzkranken, durchgeführt. Dabei wurde
jeweils besonders auf die Probleme der minderjährigen Kinder
eingegangen, die mit dem Demenzkranken in einem Haushalt leben.
Im Verlauf dieser Gespräche wurde Verständnis für
die schwierige Lebenslage des Kranken gwweckt und Möglichkeiten
des konfliktarmen Umgangs mit ihm diskutiert. Solche Gespräche
führten auch zur Entlastung der Hauptpflegeperson u.a. durch
eine bessere Verteilung der Pflegelast.
2.3.1 Konzept integrativer Hilfsangebote
für pflegende Angehörige Demenzkranker
Der im März 1995 der Senatsverwaltung für Gesundheit
und Soziales vorgelegte Antrag auf Förderung einer zweiten
Angehörigengruppe in Marzahn wurde noch vor Projektbeginn
zu einem umfassenden Konzept integrativer Hilfsangebote für
pflegende Angehörige Demenzkranker ausgearbeitet und unter
dem Titel "Gesundheitsförderung für pflegende Angehörige
Demenzkranker" für den Ideenwettbewerb "Berliner
Gesundheitspreis `95" eingereicht und inzwischen mit einem
Förderpreis ausgezeichnet.
Die Entstehungsgeschichte der Angehörigen-Initiative Berlin
wurde als weiterer Wettbewerbsbeitrag eingereicht und mit dem
"Altenpflegepreis 1996" ausgezeichnet.
Konzeptionen und Arbeitsberichte wurden auf nationalen*
und internationalen Fachveranstaltungen** vorgestellt,
die z.T. auch dokumentiert und in mehrere Sprachen übersetzt
werden. Außerdem wurden das Schrifttum der AIB regional,
national und international angefordert und versandt.
Dadurch entstanden auch die notwendigen internationalen Kontakte,
um gemeinsam mit dem Unionhilfswerk und der Volkssolidarität
Landesverband Berlin e.V. (VS) Gelder bei der Europäischen
Union zu zu beantragen. Ziel des Antrags war die "Vernetzung
von Hilfsangeboten und Entwicklung von speziellen Pflegestandards
für Alzheimer-Erkrankte und ihrer Angehörigen".
2.3.2 Fortbildungsreihe für
pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte
Bereits vor Projektbeginn wurde eine Fortbildungsreihe für
pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte
ausgearbeitet. Sie trägt den Titel "Der einfühlsame
Umgang mit den Defiziten, Bedürfnissen und Gefühlen
Demenzkranker". Teile dieser Fortbildungsreihe werden in
einzelnen Selbsthilfegruppen vorgetragen.
Vielfältige Fortbildungsveranstaltungen wurden auch vor professionellen
Pflegekräften und dem Institut für Soziale Medizin an
der Freien Universität Berlin durchgeführt.
Auf den Treffen der PSAG in Marzahn, Friedrichshain, Hohenschönhausen,
Tiergarten und Zehlendorf und weiteren Arbeitskreisen wurde die
Arbeit der AIB präsentiert.
Aus der PSAG in Marzahn ist der Arbeitskreis Gerontopsychiatrie
hervorgegangen. Die Initiatorin der AIB ist stellvertretende Sprecherin
dieses Gremiums. Sie erreichte auch, daß die AIB Kooperationspartner
im geplanten Gerontopsychiatrischen Verbundsystem Marzahn/Hellersdorf
werden soll.
Das Fachseminar für Altenpflege des Diakoniewerks Kaiserswerth
stellte für 8 Wochen (von Oktober bis Dezember 1995) einen
Praktikanten zur Verfügung, der in der AIB das gerontopsychiatrische
Orientierungspraktikum mit ca. 20 Wochenstunden absolvierte. Zu
weiteren Altenpflegefachschulen bestehen intensive Kontakte.
Gute Kooperation besteht zu Experten einiger Universitäten
ebenso wie zu einigen Landesverbänden der Alzheimer-Gesellschaften.
Seit März 1996 finden regelmäßige Gespräche
mit der Geschäftsstelle des Berliner Gesundheitspreises statt.
Diese vird vom Bundesverband der AOK und der Ärztekammer
Berlin unterhalten. Dabei wurden folgende Ergebnisse erzielt:
Für die Ausgabe 2/97 des AOK-Mitglieder-Magazins "Bleib
gesund" ist geplant, im Regionalteil die AIB vorzustellen
und auf deren Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Geplant ist
ebenfall, mit dem Artikel eine Hotline zu verbinden, um den Betroffenen
Möglichkeiten für Fragen zu geben und den Zugang zu
Hilfsangeboten zu eröffnen.
Gemeinsam mit dem Institut für Gesundheitsförderung
(IfG) wurden Gespräche über die Möglichkeit der
Installierung spezieller Pflegekurse für pflegende Angehörige
Demenzkranker geführt. Termine für vier Wochenendseminare
in unterschiedlichen Bezirken Berlins stehen inzwischen fest.
Ein Hochglanzfaltblatt der AIB wurde von der AOK finanziert.
Die Finanzierung einer Neuauflage wurde in Aussicht gestellt.
Angestrebt wird, über die Bildungsveranstaltungen der
Ärztekammer Berlin die Information der Ärzte zur Situation
der Angehörigen Demenzkranker und zu den bestehenden Hilfsangeboten
zu verbessern und nach Möglichkeit Kooperationen zu fördern.
Gleichfalls sollte die AIB einen Fortbildungszugang zu der Schnittstelle
stationäre/ambulante Versorgung erhalten.
Der Ärztekammerpräsident, Dr. Ellis Huber, wurde durch
die Geschäftsstelle BERLINER GESUNDHEITSPREIS schriftlich
um Unterstützung gebeten.
2.4.4 Bundesarbeitsgemeinschaft "Alten- und Angehörigenarbeit"
(BAGA)
Im Dezember 1996 wurde Kontakt zur BAGA aufgenommen. Eine Mitgliedschaft
der AIB in der BAGA wird angestrebt.
Insgesamt wurden 10 Infoveranstaltungen in 7 Bezirken durchgeführt.
Sie dienten i.d.R. dazu, neue Selbsthilfegruppen zu gründen
bzw. aufzustocken und die Hilfsangebote der AIB bei der Zielgruppe
bekannt zu machen.
Die Sozialstadträtin von Marzahn initiierte und organisierte
eine dieser Veranstaltungen. Ihre Amtskollegin aus Köpenick
führte im Rahmen des Gerontopsychiatrischen Verbundsystems
Köpenick 3 Infoveranstaltungen mit der AIB durch. In Vorbereitung
dieser Veranstaltungen wurden Sozialstationen, soziale Einrichtungen
und Neurologen angeschrieben.
Es wurden drei Rundfunkinterviews in Berlin gegeben. Der Mitteldeutsche
Rundfunk (mdr) berichtete in einer Reportage auch über die
Arbeit der AIB. Die regionale und überregionale Tagespresse
sowie Fachzeitschriften berichteten ausführlich. Weitere
Publikationen sind in Vorbereitung.
Der Sender Freies Berlin (SFB) veranstaltet ca. alle 6 Wochen
eine "Expertenrunde" zum Thema "Erziehung, Familie,
Partnerschaft". Hier hönnen die ca. 80.000 Hörer
dieser Sendung Fragen an ein Expertenteam stellen, zu dem seit
November 1996 auch die Initiatorin der AIB dazugehört.
Mit Aufgabe des SPI-Geschäftsbereiches "Gesundheit
und Soziales" zum 31. 12. 1996 ergab sich für die AIB
die Notwendigkeit, einen neuen Träger zu finden. Durch direkte
Kontaktaufnahme der Projektleiterin mit dem neuen Träger,
Volkssolidarität Landesverband Berlin e.V. (VS), und der
Senatsverwaltung für Soziales und Gesundheit konnte die nahtlose
Fortführung des Projektes sichergestellt werden.
Die VS hat sich bereits verpflichtet, nicht nur den
erreichten Stand zu sichern, sondern darüber hinaus alle
Unterstützung zu geben, um eine flächendeckende Versorgung
aufzubauen. Ob jedoch die VS ab 1.1.1997 die
Projektleitung der AIB mit einer vollen Stelle vergüten
wird, ist derzeit noch nicht abgesichert. Die VS wird aber die
Etablierung der AIB als eingetragener Verein aktiv unterstützen.